Besoldung: Weitere Vorlage an das Bundesverfassungsgericht

Besoldung: Weitere Vorlage an das Bundesverfassungsgericht

Verwaltungsgericht – Besoldung der Richter verfassungswidrig

 

Nachdem bereits einige Verwaltungsgerichte die Besoldung der Richterinnen und Richter in den jeweiligen Bundesländern für verfassungswidrig erachten haben (vgl. VG Frankfurt (Oder) – Richter- und Beamtenbesoldung verfassungswidrig), hat jetzt auch das Verwaltungsgericht Chemnitz die Gesamtalimentation der Richter im Freistaat Sachsen für nicht amtsangemessen und als nicht mit dem Grundgesetz (Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz) vereinbar angesehen. Das Verfahren betrifft eine Klage eines Richters der Besoldungsgruppe R1 für die Jahre 2011 bis 2016. Mit Beschluss vom 8. November 2018 hat das VG Chemnitz das Klageverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.


Zusammenfassung der Entscheidungsgründe

 

Das Verwaltungsgericht Chemnitz ist der Auffassung, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine amtsangemessene Besoldung in Sachsen nicht erfüllt gewesen seien. Hierbei hat das Verwaltungsgericht die Nachzahlungen berücksichtigt, die der sächsische Gesetzgeber in Reaktion auf eine für das Jahr 2011 festgestellte Unteralimentation für den Zeitraum Januar 2011 bis Juni 2016 veranlasst hat. Es hat gleichwohl festgestellt, dass sich die Besoldung in der untersten Besoldungsgruppe (Besoldungsgruppe A4) nicht hinreichend vom Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung abgehoben habe, was sich unter Berücksichtigung des Abstandsgebots auch auf höhere Besoldungsgruppen auswirke. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss sich die Besoldung der Beamten der untersten Besoldungsgruppe um jedenfalls 15 % vom Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung abheben.

Für die Jahre 2011 bis 2014 hat das Verwaltungsgericht Chemnitz bei dem anzustellenden Vergleich der Entwicklung der Besoldung mit der Entwicklung der Tariflöhne im öffentlichen Dienst, des Nominallohnindex und des Verbraucherpreisindex eine Erfüllung dieser drei Parameter, für die Jahre 2015 und 2016 von zwei Parametern, diese aber in besonders deutlicher Weise, angenommen. Die im Folgenden erforderliche umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erhärte die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation.

Hierbei führt das Verwaltungsgericht u.a. aus:

” Damit die Entscheidung für eine Tätigkeit als Richter oder Staatsanwalt für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte attraktiv ist, muss sich die Amtsangemessenheit der Alimentation auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmen, die für vergleichbare und auf der Grundlage entsprechender Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des in Rede stehenden öffentlichen Dienstes erzielt werden (BVerfG, Urteil vom 05.05.2015, a. a. O.). Die Alimentation ist demnach mit den durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung zu vergleichen.

Bei Auswertung der Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt sich, dass von den Vollzeitbeschäftigten der Leistungsgruppe 1 (Arbeitnehmer in leitender Stellung) mit Universitätsabschluss im Jahr 2010 nur 14 Prozent weniger verdienten als ein Richter oder Staatsanwalt der Besoldungsgruppe R1 in der ersten Stufe. Der mittlere Verdienst dieser Vergleichsgruppe wurde mit der R1-Besoldung der ersten Stufe nicht erreicht. Für die Endstufe der Besoldungsgruppe R1 ergibt der Vergleich, dass im Jahr 2010 44 Prozent der Vergleichsgruppe mehr verdienten. Bei Zugrundelegung der besonders vergleichbaren juristischen Berufe ergibt sich, dass lediglich 10 Prozent der Vergleichsgruppe weniger als ein R1-Richter der ersten Stufe und lediglich 45 Prozent weniger als ein R1-Richter der Endstufe verdienten.

Für das Jahr 2014 stellt sich die Situation nahezu unverändert dar. So verdienten aus der Vergleichsgruppe der Vollzeitbeschäftigten der Leistungsgruppe 1 (Arbeitnehmer in leitender Stellung) mit Universitätsabschluss weiterhin nur 14 Prozent weniger als ein Richter bzw. Staatsanwalt der ersten Stufe der Besoldungsgruppe R1 in Sachsen und 44 Prozent mehr als in der entsprechenden Endstufe. Der mittlere Verdienst der Vergleichsgruppe wird durch die R1-Besoldung knapp erreicht. Stellt man wiederum auf die juristischen Berufe der Vergleichsgruppe ab, so verdienten 11 Prozent weniger als ein Richter der ersten Stufe der Besoldungsgruppe R1 und 49 Prozent mehr als ein Richter in der Endstufe.”

 

Verwaltungsgericht Chemnitz, Beschluss vom 8. November 2018, Az.: 3 K 2000/15


Richterbesoldung in Brandenburg und Sachsen

 

Der Vorlagebeschluss aus Chemnitz ist für die Frage der Verfassungsgemäßheit der Besoldung der in Brandenburg tätigen Richterinnen und Richter nicht von unmittelbarer Bedeutung. Die Besoldung der im Landesdienst stehenden Richterinnen und Richter ist grundsätzlich Sache des jeweiligen Bundeslandes. Damit ist die Frage der Amtsangemessenheit für jedes Bundesland gesondert zu beantworten. Ob und inwieweit aus der Entscheidung des VG Chemnitz Schlüsse für Besoldungsfragen im Land Brandenburg gezogen werden können, ist insoweit offen.

Gleichwohl kann der Vorlagebeschluss von Interesse sein, wenn das Besoldungsniveau der brandenburgischen und sächsischen Richterkollegen je nach den persönlichen Verhältnissen oder der jeweiligen Berufserfahrung verglichen wird.

Bei einer Betrachtung nur der Grundbesoldung erhielt z.B. im Jahr 2014 ein R1-Richter in Brandenburg mit der Erfahrungsstufe 1 eine Besoldung von 3.754,37 Euro (Sachsen: 3.690,72 Euro). Im Jahr 2016 betrug die Besoldung 3.968,57 Euro (Brandenburg) gegenüber 3.955,51 Euro (Sachsen). In der Endstufe (Brandenburg Erfahrungsstufe 11; Sachsen 12) erhielt ein Richter im R1-Amt in Brandenburg im Jahr 2014 eine Besoldung von 5.816,99 Euro und im Jahr 2016 eine Besoldung von 6.114,51 Euro, während in Sachsen  eine Besoldung von 5.975,74 Euro (2014) bzw. 6.404,46 Euro (2016) gewährt wurde. Bei einem Richter der Besoldungsgruppe R2 mit der höchsten Erfahrungsstufe betrug die Grundbesoldung in Brandenburg 6.342,88 Euro (2014) bzw. 6.661,66 Euro (2016), während ein sächsischer Kollege 6.515,97 Euro (2014) bzw. 6.982,45 Euro (2016) erhielt.

Vergleich nach den Besoldungstabellen Brandenburg und Sachsen mit Stand Dezember 2014
Vergleich nach den Besoldungstabellen mit Stand Dezember 2014 (klicken zum Vergrößern)
Vergleich nach den Besoldungstabellen Brandenburg und Sachsen mit Stand Dezember 2016
Vergleich nach den Besoldungstabellen mit Stand Dezember 2016 (klicken zum Vergrößern)

Werden zudem noch Sonderzahlungen und an die familiäre Situation anknüpfende Bestandteile der Besoldung berücksichtigt, ergeben sich nach Berechnungen des Deutschen Richterbundes für einige Musterfälle nicht nur unerhebliche Unterschiede. Beispielsweise erhielt hiernach ein 35 Jahre alter verheirateter Richter der Besoldungsgruppe R1 mit zwei Kindern in Brandenburg im Jahr 2014 eine Besoldung in Höhe von 4.564,- Euro und 2016 von 4.756,27 Euro. Für einen vergleichbaren Richter in Sachsen belief sich die Besoldung demgegenüber auf 4.758,40 Euro (2014) bzw. auf 5.037,56 Euro. Bei einem 45 Jahre alten R2-Richter (verheiratet, 2 Kinder) unterschied sich die Besoldung für einen Richter in Brandenburg gegenüber einem Richter aus Sachsen im Jahr 2014 um rund 240 Euro bzw. 2016 um rund 450 Euro.

Zahlenquellen:

Deutscher Richterbund https://www.richterbesoldung.de/besoldung-versorgung/musterberechnungen/

Landesamt für Steuern und Finanzen Sachsen http://www.lsf.sachsen.de/5277.html

Zentrale Bezügestelle des Landes Brandenburg https://zbb.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.261891.de

 

(Information aufbereitet: RVG Böning, Cottbus)

Anmerkung: Der Beitrag dient lediglich der Information über aktuelle rechtliche und/oder tatsächliche Entwicklungen. Er muss nicht mit den von der BbgVRV und ihren Mitgliedern vertretenen Ansichten übereinstimmen.


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