Keine Entscheidungsfristen im Asylprozessrecht

Keine Entscheidungsfristen im Asylprozessrecht

Der BDVR hat zu Vorschlägen der Kommission betreffend das europäische Asylsystem Stellung genommen.

Vorschlag der Kommission über eine Verordnung über Asyl-und Migrationsmanagement und zur Änderung der Richtlinie (EG) 2003/109

Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Asyl-und Migrationsmanagement vorgelegt, die Nachfolger der sogenannten Dublin-Verordnung werden soll. Der Vorschlag beinhaltet u.a., dass die Mitgliedstaaten eine Frist von zwei Wochen nach Zustellung einer Überstellungsentscheidung vorsehen, in der die betreffende Person ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wahrnehmen kann. Die betreffende Person hat zudem das Recht, innerhalb einer angemessenen Frist ab Zustellung der Überstellungsentscheidung bei einem Gericht eine Aussetzung der Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung zu beantragen (Artikel 33 Abs. 1 und 2 des Verordnungsentwurfs). Mit “Rechtsbehelf” ist dabei eine Klage gemeint und der Begriff “Antrag auf Aussetzung” bezeichnet einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Art. 33 Abs. 3 Unterabsatz 1 Satz 2 des Verordnungsentwurfs sieht eine Entscheidungsfrist von einem Monat ab Eingang des einstweiligen Rechtsschutzantrages vor. Ferner ist geregelt (Art. 33 Abs. 3 UAbs. 4 VO-E): „Wird eine aufschiebende Wirkung zuerkannt, so bemüht sich das Gericht, innerhalb eines Monats nach der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung über den Rechtsbehelf oder die Überprüfung in der Sache zu entscheiden.“

Link: Text des Vorschlags in BR-Drucksache 650/20

Der BDVR hat sich gegen die Aufnahme von Entscheidungsfristen in eine Verordnung ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass schon heute die Verwaltungsgerichte in einstweiligen Rechtsschutzverfahren ganz überwiegend innerhalb kürzester Zeit entscheiden. Eine Entscheidungsfrist, wie auch immer sie ausgestaltet sein mag, lasse sich aber nicht stets und in jedem Verfahren einhalten.

Die Vorgabe des Art. 33 Abs. 3 UAbs. 4 VO-E, das Gericht habe sich für den Fall der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Überstellungsentscheidung zu bemühen, innerhalb eines Monats nach der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung über den Rechtsbehelf oder die Überprüfung in der Sache zu entscheiden, stehe in Konflikt mit zentralen Vorgaben des nationalen Asylprozessrechts. So müsse das Gericht in mündlicher Verhandlung entscheiden und der Kläger habe eine Klagebegründungsfrist von einem Monat. Auch seien nicht selten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht schwierige Fragestellungen zu beantworten.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU

Darüber hinaus hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU vorgelegt. Dieser betrifft u.a. neue Verfahren für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz an der Grenze und regelt eine Durchführung des Grenzverfahrens binnen einer zwölfwöchigen Entscheidungsfrist. Innerhalb dieser Frist wäre auch das Rechtsbehelfsverfahren abzuschließen.

Link: Text des Vorschlags in BR-Drucksache 690/20

Hierzu führt der BDVR in seiner Stellungnahme u.a. aus, dass eine Einhaltung dieser starren Entscheidungsfrist sich bei Anwendung der Vorgaben des nationalen Asylprozessrechts als kaum realistisch darstelle. Dies gelte umso mehr, als den Verwaltungsgerichten die Wahrung der Frist in Abhängigkeit von der ebenfalls in die Frist einzurechnenden Dauer des behördlichen Verfahrens aufgegeben sei.

Download: vollständige Stellungnahme des BDVR vom 11. Januar 2021


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