Entwurf einer Verordnung über die dienstliche Beurteilung der Richter sowie Staatsanwälte

Entwurf einer Verordnung über die dienstliche Beurteilung der Richter sowie Staatsanwälte

Die BbgVRV hat mit Schreiben vom 29. August 2022  zu einem “Entwurf einer Verordnung über die dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Land Brandenburg (BbgRiStABeurtV-E) wie folgt Stellung genommen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

namens der Vereinigung der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter des
Landes Brandenburg (BbgVRV) bedanke ich mich für die Beteiligung zu dem oben
genannten Regelungsvorhaben.

Vorab möchte ich anmerken, dass der brandenburgische Verordnungsgeber mit dem
vorliegenden Entwurf aus Sicht der Vereinigung das ihm mit dem Regelungsauftrag
vermittelte Potential zur Erneuerung und Verbesserung des Beurteilungswesens für
die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Land
Brandenburg bedauerlicherweise nicht ausschöpfen würde. Dringlicher
Änderungsbedarf besteht aus unserer Sicht im Hinblick auf folgende
Regelungsgehalte:

1. Die Vereinigung unterstreicht ihre bereits zum Gesetzentwurf zur Änderung des
Brandenburgischen Richtergesetzes vorgetragene Empfehlung (vgl. Stellungnahme
der Vereinigung vom 14. Februar 2022), den Beurteilungszeitraum auf drei Jahre
festzulegen. Ein dreijähriger Beurteilungszeitraum führt die Notwendigkeit von
Anlassbeurteilungen auf ein Minimum zurück und erscheint in praxi als Voraussetzung
für die rechtmäßige Umsetzung des weiterhin beabsichtigten
Regelbeurteilungssystems. Es ist nicht stimmig, Regelbeurteilungen vorzusehen,
welche aber, jedenfalls nach Ablauf von drei Jahren (§ 10 Abs. 1 BbgRiG i. V. m. § 20
Abs. 1 LBG), für ihren primären Zweck untauglich sind. Ein mehr als dreijähriger
Turnus birgt daher das Risiko, den Anforderungen der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts nicht zu genügen. Der mit einem kürzeren
Beurteilungszeitraum verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand könnte durch die
Einführung eines Antragsrechts der zu beurteilenden Person abgemildert werden,
wonach von einer Regelbeurteilung abgesehen werden könne, weil aktuell und in
absehbarer Zukunft kein anderes Statusamt angestrebt werde.

2. Die Festlegung der Beurteilungsstichtage in § 2 Abs. 2 BbgRiStABeurtV-E sollte aus
Sicht der Vereinigung nicht den Präsidentinnen und Präsidenten der oberen
Landesgerichte und der Generalstaatsanwältin bzw. dem Generalstaatsanwalt
überlassen bleiben. Abgesehen davon, dass der Verordnungsgeber von der nur ihm
durch § 9 Abs. 4 BbgRiG eingeräumten Ermächtigung selbst Gebrauch machen muss
(vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2021 – 2 C 2.21 -, juris Rn. 36), erscheint es angesichts
von geschäftsbereichsübergreifenden Bewerbungen und Versetzungen – zumal die
Durchlässigkeit ausweislich der Ziele der Zukunftskonferenz noch gesteigert werden
soll – auch als sachgerecht, einen einheitlichen Stichtag qua Verordnung festzulegen.

3. Die Vereinigung regt an, § 2 Abs. 4 BbgRiStABeurtV-E insofern zu ändern, als dass
Regelbeurteilungen erst nach Vollendung des 55. – nicht des 50. – Lebensjahrs nicht
mehr erfolgen sollen. Dies dürfte angesichts der Einstellung lebensälterer
Proberichterinnen und Proberichter sowie eines erhöhten Ruhestandseintrittsalters für
die konsequente Umsetzung des Regelbeurteilungssystems erforderlich sein.

4. Nicht im Einklang mit den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung
steht nach Auffassung der Vereinigung die Regelung in § 2 Abs. 6 Satz 2
BbgRiStABeurtV-E, der unter Nummern 1 bis 5 Gründe für die Erstellung einer
Anlassbeurteilung definiert. Grundsätzlich taugen Regelbeurteilungen nach der
einschlägigen neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für den auf
den Stichtag folgenden Zeitraum von bis zu drei Jahren als aktuelle
Auswahlgrundlage. Die in der Verordnung genannten Anlässe gehen (überwiegend)
über die vom Bundesverwaltungsgericht zu diesem Grundsatz definierten Ausnahmen
hinaus. Anlassbeurteilungen, die erstellt werden, obwohl eine noch aktuelle
Regelbeurteilung vorliegt, sind rechtswidrig und, wenn eine Beurteilte oder ein
Beurteilter dies beansprucht, aufzuheben (BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 2020 – 2 A
6.19 -, juris Rn. 14). Im Regelfall wird das auf Auswahlentscheidungen, die auf der
Grundlage von solchen rechtswidrigen Anlassbeurteilungen getroffen werden,
durchschlagen.

5. Aus Sicht der Vereinigung empfiehlt es sich, in § 6 Satz 1 BbgRiStABeurtV-E mit
dem Ziel einer Klarstellung zu den Grundlagen der Beurteilungen die – soweit
ersichtlich – gegenwärtige Praxis explizit mit aufzunehmen und zum einen die
Formulierung „insbesondere mündliche oder schriftliche Beurteilungsbeiträge“ und
zum anderen die Ergänzung „und statistische Daten (z. B. Erledigungs-, Eingangsund
Bestandsstatistiken sowie Statistiken zur Sitzungstätigkeit) erheben und
verwerten“ aufzunehmen.

6. Die Vereinigung regt an, auch die Anforderungsprofile für richterliche und
staatsanwaltschaftliche Ämter zum Gegenstand der Rechtsverordnung zu machen.
Eine Regelung „aus einem Guss“ ist wegen des wechselseitigen Bezugs und mit Blick
auf die Übersichtlichkeit für die Betroffenen vorzugswürdig. Insoweit könnte sich
Brandenburg an der „Thüringer Verordnung zur Beurteilung von Richterinnen und
Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten einschließlich richterlicher und
staatsanwaltschaftlicher Anforderungsprofile“ vom 7. April 2022 orientieren.

7. Schlussendlich weisen wir darauf hin, dass in redaktioneller Hinsicht in Anlage 1 bei
„übertrifft die Anforderungen erheblich“ die Zahl 5 vor „Mal“ a. E. fehlt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Katharina Lubitzsch

 

Download: Stellungnahme der BbgVRV vom 29. August 2022


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