Besoldung und Alimentation: Stellungnahme im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvL 5/18 und 2 BvL 3/19

Besoldung und Alimentation: Stellungnahme im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvL 5/18 und 2 BvL 3/19

Das Bundesverfassungsgericht hat der Vereinigung der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter des Landes Brandenburg (BbgVRV) Gelegenheit gegeben, im Verfahren betreffend die Besoldung der Beamten und Richter des Landes Brandenburg (2 BvL 5/18 und 2 BvL 3/19) aufgrund des Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. September 2018 – VG 2 K 1632/15 – Stellung zu nehmen. Die BbgVRV hat am 31. Januar 2024 hierzu wie folgt Stellung genommen:


Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

namens der Vereinigung der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter des Landes Brandenburg (BbgVRV) bedanke ich mich für die Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen des Verfahrens zur verfassungsrechtlichen Prüfung auf den Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. September 2018 – VG 2 K 1632/15. Die BbgVRV macht von dieser Gelegenheit gerne Gebrauch.

I. Dem Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Das Verwaltungsgericht hat sich eng am Prüfungsschema des Bundesverfassungsgerichts orientiert. Die Untersuchung der fünf Parameter habe ergeben, dass die für den Rechtsstreit maßgebliche Besoldungsentwicklung im überwiegenden Zeitraum um mehr als 5 % unter der Entwicklung der Tarifeinkommen, des Normallohnindex und des Verbraucherpreisindex lag. Sodann hat das Verwaltungsgericht untersucht, ob sich die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation dadurch bestätigen oder entkräften lässt, dass weitere alimentationsrelevante Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung berücksichtigt werden. Das Gericht stellt insoweit die hohen Anforderungen an den Richterberuf in Rechnung und verweist auf Kürzungen in den Bereichen Versorgung und Beihilfe. Ein Vergleich zwischen den Einkommen von Richtern der Besoldungsgruppe R 1 und vergleichbaren Einkommen aus der privaten Wirtschaft ergebe, dass privatwirtschaftliche Gehälter signifikant über der Besoldung nach R 1 in der Endstufe lägen. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung hierfür gebe es nicht. Die Besoldungsstruktur verstoße ferner gegen das Abstandsgebot. In der untersten Besoldungsgruppe sei der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau nicht eingehalten. Das Verwaltungsgericht gelangt zum Ergebnis, dass die Bezüge eines verheirateten Beamten mit zwei Kindern in der seinerzeit niedrigsten Besoldungsgruppe im maßgeblichen Zeitraum durchgehend weniger als 115 Prozent des Grundsicherungsniveaus betragen habe, sodass die Bezüge letztlich auch in der R-Besoldung nicht verfassungsgemäß seien. Das Nachzahlungsgesetz habe, so das Gericht, nicht zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit geführt.

Das vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) insoweit gefundene Ergebnis, dass die maßgeblichen Besoldungsvorschriften für Richter bei Altersteilzeit im sog. Blockmodell mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar sind, ist nicht zu beanstanden und findet die Zustimmung der BbgVRV.

Auch der im Vorlagebeschluss gewählte Weg begegnet keinen Bedenken: Der vom Verwaltungsgericht verfolgte rechtliche Ansatz entspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten tatsächlichen Annahmen – insbesondere Zahlen und Statistiken – werden, soweit für die BbgVRV ersichtlich, vom Land Brandenburg nicht nur nicht in Zweifel gezogen, sondern sind auch im gerichtlichen wie im Gesetzgebungsverfahren vom Dienstherrn bzw. Besoldungsgesetzgeber herangezogen worden.

II. Darüber hinaus nehmen wir anhand aktueller Gesetzgebung zu zwei ausgewählten Aspekten nachfolgend kurz Stellung. Die BbgVRV lässt sich dabei von der Erwägung leiten, dass die Einholung von Stellungnahmen Dritter eine Möglichkeit der Schaffung einer Tatsachengrundlage bietet, die dann relevant wird, wenn es um die Erhebung gesellschaftlicher, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Daten, etwa zum Zwecke der Erstellung von Prognosen, zur Prüfung eines Gesetzes an Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Gleichheitssatz oder zur Erhellung des tatbestandlichen Vorverständnisses einer Norm geht, für die die klassischen Beweismittel jeweils weitgehend ungeeignet sind (vgl. Haberzettl in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Kommentar zum BVerfGG, III. Bedeutung und Zweck der Vorschrift, Rn. 5).

Nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Dauer vergleichbarer verfassungsrechtlicher Überprüfungsverfahren halten wir es für geboten (und regen dies auch an), anhand des aktuell vorliegenden Falles die Besoldungsgesetzgebungspraxis des Landesgesetzgebers auch und gerade über einen längeren Zeitraum in den Blick zu entnehmen und ggf. wiederholt auftretende Schwächen in der Begründung der jeweiligen Besoldungsanpassung auch zur Vermeidung von – wiederum langwierigen – Folgeverfahren aufzudecken und dem Landesgesetzgeber insoweit einen eindeutigen Maßstab aufzuzeigen und gleichsam an die Hand zu geben.

In der jüngeren Praxis des Besoldungsgesetzgebers sind insofern aus unserer Sicht zwei Aspekte kritikwürdig aufgefallen, die im Ergebnis die Einhaltung des Abstandsgebotes kontinuierlich in Frage stellen dürften:

1. Zum Verständnis des brandenburgischen Besoldungsgesetzgebers von Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsgemäßen Alimentation

In der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung und zur Änderung weiterer besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften 2022 im Land Brandenburg vom 14. Oktober 2022 führt der brandenburgische Landesgesetzgeber aus, dass das brandenburgische Besoldungsrecht mit Blick auf die Amtsangemessenheit der Besoldung anhand der beiden Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 und 2 BvL 6/17 – überprüft werden solle (LT-Drs 7/6095, S. 3):

„Die Ermittlung des Abstandes der Nettoalimentation zum grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarf erfolgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch eine Gegenüberstellung der Jahresnettoalimentation eines verheirateten Beamten der untersten Besoldungsgruppe im Sinne der Besoldungsgruppe mit der niedrigsten Bruttogrundbesoldung einschließlich Zulagen mit zwei im Familienzuschlag zu berücksichtigenden Kindern (vierköpfige Familie) mit dem grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarf einer entsprechenden Vergleichsfamilie (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 -, Rn. 72).

Dem Gesetzgeber kommt jedoch insofern ein weiter Gestaltungsspielraum zu, als er nicht verpflichtet ist, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamtinnen, Beamte, Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, die tatsächlichen Lebensverhältnisse stärker in den Blick zu nehmen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die vierköpfige Alleinverdienerfamilie nach dem Bundesverfassungsgericht nicht Leitbild der Beamten besoldung ist, sondern lediglich eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 -, Rn. 47).“ (LT-Drs 7/6095, S. 10 unten und S. 11 oben).

Im Ergebnis sei daher nicht mehr auf das Modell der Alleinverdienerehe abzustellen (LT-Drs 7/6095, S. 1, 2. Abs.). Weiter führt die Gesetzesbegründung aus:

„Entsprechend der überwiegenden gesellschaftlichen Realität im Land Brandenburg wird nunmehr bei der Bestimmung des gebotenen Mindestabstands zur Grundsicherung bei Beamtenfamilien mit Kindern davon ausgegangen, dass regelmäßig neben dem Beamtengehalt ein zweites Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen der Ehepartnerin, des Ehepartners, der eingetragenen Lebenspartnerin, des eingetragenen Lebenspartners oder des im selben Haushalt lebenden anderen Elternteils der zu berücksichtigenden Kinder in Höhe wenigstens des Höchstbetrags einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV; sogenannter Minijob, zurzeit 450 Euro pro Monat) vorhanden ist, also mindestens ein Hinzuverdienermodell vorliegt.“ (LT-Drs 7/6095, S. 12, 3. Abs.).

Der Gesetzesentwurf gibt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, wenn nicht unzutreffend, so doch jedenfalls unvollständig wieder. Das Bundesverfassungsgericht führt in dem zitierten Beschluss aus:

Das Alimentationsprinzip wird von verschiedenen Determinanten geprägt. Es verpflichtet den Dienstherrn, Richter und Staatsanwälte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 -, juris Rn. 23).

Dem ist nicht zu entnehmen, dass Bestandteil der beamtenrechtlichen Alimentation auch das Einkommen eines Partners aus einem Minijob sein kann. Das ist schon begriffsnotwendig ausgeschlossen.

Weiter führt das Bundesverfassungsgericht aus:

Die Amtsangemessenheit der Alimentation der Richter und Staatsanwälte bestimmt sich auch im Übrigen auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen Gleichzeitig kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 –-2 BvL 4/18-–, juris Rn. 43).

Bereits hieran wird deutlich, dass es ausgeschlossen sein dürfte, pauschal 450,00 Euro monatlich in die Alimentation einzustellen. Denn mit dem Anstieg der Besoldung durch die Besoldungsgruppen und Stufen schmilzt die Bedeutung dieses Betrags zusammen, ohne dass dafür eine Rechtfertigung ersichtlich ist. Einen Alimentationsbestandteil zu erfinden, um das Mindestabstandsgebot zu wahren, dürfte kaum dem weiten Gestaltungsspielraum entsprechen.

Zwar führt das Bundesverfassungsgericht weiter aus:

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass -zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf. Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum. Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 -, juris Rn. 47).

Insoweit geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass ein Beamtengehalt mit entsprechenden Zuschlägen eine vierköpfige Familie alleine unterhalten können soll. Dass das Bundesverfassungsgericht noch nicht berücksichtigt haben könnte, dass überwiegend beide Partner erwerbstätig sind, erscheint abwegig. Die einzige Aussage, die sich dem Beschluss sicher entnehmen lässt, ist, dass die Grundbesoldung nicht allein ausreichen muss. Hierauf aber beruft sich der Landesgesetzgeber gerade nicht.

Dementsprechend gibt das Bundesverfassungsgericht sehr detailliert vor, was maßgebend für die Nettoalimentation sein muss:

Dem Grundsicherungsniveau gegenüberzustellen ist die Nettoalimentation, die einer vierköpfigen Familie auf Grundlage der untersten Besoldungsgruppe zur Verfügung steht.

(a) Bezugspunkt ist das Gehalt als Ganzes (…) Neben dem Grundgehalt sind daher solche Bezügebestandteile zu berücksichtigen, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe gewährt werden (…)

Maßgeblich ist die niedrigste vom Dienstherrn für aktive Beamte ausgewiesene Besoldungsgruppe. Sind Besoldungsgruppen nur noch für die Berechnung von Versorgungsbezügen relevant, weil durch gesetzliche Bestimmung das Eingangsamt für die erste Laufbahngruppe angehoben (…) oder ein entsprechender Vermerk in der jeweiligen Besoldungsordnung aufgenommen worden ist (…), und sind auch tatsächlich keine aktiven Beamten mehr vorhanden, werden sie nicht berücksichtigt (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 -, juris Rn. 72 -74).

Das – wie auch immer geartete Erwerbseinkommen eines Partners – findet dabei mit keinem Wort Erwähnung. Die sehr naheliegende Berücksichtigung weiteren Einkommens innerhalb der Familie des Beamten (sei es von Partnern oder erwerbstätigen Kindern) war für das BVerfG insoweit offensichtlich nicht maßgebend. Auf welcher Grundlage der Landesgesetzgeber von einem Minijob und damit verbunden einem Monatseinkommen i.H.v. 450,00 Euro des Ehepartners ausgeht, wird nicht (folgerichtig) begründet. Es fehlt an statistischen Erhebungen und Auswertungen ebenso, wie an Ausführungen dazu, warum nur von einem Minijob ausgegangen wird oder warum insoweit aber der Höchstbetrag zugrunde gelegt wird. Das Recht, zur Bewältigung von Massenerscheinungen in hohem Maße zu pauschalieren und zu typisieren, betrifft im Ergebnis nur die hierdurch gerechtfertigte (Un-)Gleichbehandlung. Die zugrundeliegenden Annahmen müssen gleichwohl zutreffend und nachvollziehbar sein. Daran fehlt es vorliegend.

2. Zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsgemäßen Alimentation durch den brandenburgischen Besoldungsgesetzgeber

Nach der Gesetzesbegründung werden die Regelbedarfe auf Grundlage der Fortschreibungssystematik des § 28a SGB XII für das Jahr 2023 fortgeschrieben. Dies ist methodisch grundsätzlich zutreffend. Es entsprach aber nicht der aktuellen bzw. seinerzeit zu erwartenden Entwicklung des Grundsicherungsniveaus. Denn schon im Oktober 2022 war für 2023 jedenfalls von einer sehr deutlichen Erhöhung der Regelbedarfe oder aber von der Einführung eines Bürgergeldes auszugehen.

Insoweit stehen den in der Gesetzesbegründung zugrunde gelegten 419,55 Euro monatlichen nunmehr tatsächlich 502,00 Euro ab 2023 gegenüber. Als Referenzbedarf einer vierköpfigen Familie im Grundsicherungsbedarf hat der Landesgesetzgeber 1.497,04 Euro monatlich zu Grunde gelegt (LT-Drs 7/6095, S. 14, Tabelle). Tatsächlich lag der gewichtete Regelbedarf nach Einführung des Bürgergeldes aber bei 1.608,88 Euro pro Monat, was einer Differenz von über 100,- Euro monatlich entspricht.

3. Schlussfolgerungen

Der vom Landesgesetzgeber ermittelte Grundsicherungsbedarf für 2023 ist deutlich zu niedrig bemessen. Die Prognose der Nettoalimentation der Besoldungsgruppe A 6 Stufe 2 für 2023 in Höhe von 3.234,38 Euro monatlich bezieht ein Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen (Partnerin/Partner) i.H.v. 450,00 Euro monatlich mit ein.

Schon dann, wenn das Erwerbsersatzeinkommen wegfällt, besteht kein Abstand mehr zwischen Grundsicherung und niedrigster Alimentation. Bezieht man zusätzlich das tatsächlich deutlich höhere Bürgergeld mit ein, dann liegt der Grundsicherungsbedarf deutlich über der niedrigsten Alimentation. Der geforderte Abstand wird aber selbst dann nicht eingehalten, wenn nur einer der beiden Umstände (Erwerbsersatzeinkommen oder höherer Grundsicherungsbedarf) hinweggedacht würde.

Das durchaus hervortretende Bemühen des brandenburgischen Besoldungsgesetzgebers, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Beamtenalimentation einzuhalten, ist nach Einschätzung der BbgVRV im Ergebnis darauf beschränkt, mit geringstmöglichen Eingriffen in das bestehende Besoldungssystem gerade noch das absolut erforderliche Besoldungsniveau zu gewährleisten. Das ist von Verfassung wegen zunächst nicht zu beanstanden. Soweit der Besoldungsgesetzgeber aber von unausgewogenen Annahmen und von vornherein unzutreffenden Prognosen ausgeht, führt dies zu den dargestellten und eben unzureichenden Ergebnissen, die den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht genügen. Hierzu passt der Befund des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder), wonach das Nachzahlungsgesetz die aufgezeigten Verfassungsverstöße nicht in genügender Weise behoben habe, weil zu den Bestimmungsfaktoren einer amtsangemessenen Besoldung auch die Kriterien der zweiten Prüfungsstufe gehören, aber nicht deutlich geworden sei, dass diese bei der Bemessung der Nachzahlungsbeträge auch abgewogen wurden. Vielmehr deuteten, so das Verwaltungsgericht, die Ausführungen des Gesetzgebers darauf hin, dass die zweite Prüfungsstufe für irrelevant gehalten wurde, sofern nur der Besoldungsindex durch Nachzahlung nachträglich auf einen Stand angehoben wird, bei dem auf der ersten Prüfungsstufe lediglich noch zwei Parameter erfüllt sind (vgl. VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 13. September 2018 – 2 K 1632/15 -, juris Rn. 232).

Ein Indiz dafür, dass die Besoldung der Richter und Staatsanwälte nicht nur in dem vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) vorgelegten Fall betreffend Zeiträume von 2004 bis 2016 bestand, sondern auch seither tendenziell fortgeschrieben wurde, ist im Übrigen der Umstand, dass die an Bewerber um ein Richter- oder Staatsanwaltsamt gestellten Anforderungen im Land Brandenburg in den letzten Jahren nach unserer Wahrnehmung kontinuierlich abgesenkt wurden bzw. werden mussten (obschon das Notenniveau der Absolventenjahrgänge im Durchschnitt eher gestiegen ist) und gleichzeitig (dennoch) die Quote der Bewerber je ausgeschriebenes Richteramt auf Probe signifikant abnahm. Wir regen an, hierzu gegebenenfalls entsprechende Daten beim Land Brandenburg zu erheben. Denn aus unserer Sicht ist diese Entwicklung zu einem maßgeblichen Teil auch auf die im Vergleich zu anderen Dienstherrn und zu Rechtsanwaltskanzleien oder Unternehmen unzureichende Besoldung der Richter und Staatsanwälte im Land Brandenburg zurückzuführen.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schröder


Download der Stellungnahme als pdf: Stellungnahme vom 31. Janaur 2024 im Verfahren BVerfG 2 BvL 5/18

Weiterführende Informationen: Bericht zum Vorlagebeschluss auf bbg-vrv.de – “VG Frankfurt (Oder) – Richter- und Beamtenbesoldung verfassungswidrig”


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