Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
die Justiz im Land Brandenburg steuert auf eine personelle Krise zu, die geeignet ist, die Dritte Gewalt in ihrem Kernbereich ernsthaft und nachhaltig zu gefährden.
Es kann kein „weiter so“ geben!
Mehr denn je braucht es deutliche, in erster Linie finanzielle Anreize. Der Brandenburger Gesetzgeber kann dies nicht länger ignorieren.
Der Gesetzgeber muss die anstehenden Besoldungsverhandlungen zum Anlass nehmen, die gesamte derzeitige Besoldungspraxis grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen und erheblich zu verbessern – angefangen bei den Justizwachtmeister(-innen). Die Attraktivität eines modernen Arbeitgebers zeichnet sich nicht nur durch moderne Arbeitsplätze und -bedingungen aus, sondern auch durch eine angemessene und konkurrenzfähige Besoldung, die den Verantwortlichkeiten der einzelnen Berufsgruppen gerecht wird. Eine immer nur am unteren Ende ausgerichtete Besoldungserhöhung verliert das Ausbildungsniveau und das Niveau der Verantwortung im Justizbetrieb aus dem Blick. Zudem bedarf es schon mit Blick auf die geplante Erhöhung des Bürgergeldes um gut 12 % zum 1. Januar 2024 einer vergleichbaren Anhebung des Besoldungsniveaus, um das verfassungsrechtlich zu beachtende Abstandsgebot ansatzweise noch zu wahren. Dass eine gute und leistungsgerechte Bezahlung unabdingbar ist, um Personal zu gewinnen und zu binden, hat die Änderung der Einordnung der Servicegeschäftsstellen in die Entgeltstufe 9a gezeigt: Die Abwanderungswelle im mittleren Dienst wurde gestoppt, und es gelingt in diesem Bereich endlich wieder freie Stellen mit guten Bewerbern zu besetzen.
Wir als die führenden Justizverbände im Land Brandenburg fordern Sie daher auf, sich in der Landesregierung für eine die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und den Bericht über die Rechtstaatlichkeit in Europa ernst nehmende Erhöhung der Besoldung für alle Justizmitarbeitenden einzusetzen!
Daher fordern wir:
- eine deutliche, die Inflation übersteigende Besoldungserhöhung für alle
Dienste, - den Stopp der weiteren Verflachung der Besoldungstabelle, um endlich
wieder das Ausbildungsniveau und die Verantwortlichkeiten der einzelnen
Berufsgruppen angemessen zu berücksichtigen und den
verfassungsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen, - die Behebung der mit der Eingruppierung der Beschäftigten in den
Geschäftsstellen in die Entgeltgruppe 9a verursachten Verwerfungen im
Einkommensgefüge, um grobe Ungerechtigkeiten wie die geringere
Besoldung von Rechtspflegern der Besoldungsgruppe A 9 gegenüber
Berufsanfängern in den Servicegeschäftsstellen in der Entgeltstufe 9a zu
beseitigen, - die Anhebung des Eingangsamts im mittleren Dienst auf A7, um die
Unterschiede im Einkommen im Bereich der Servicegeschäftsstellen auch
zwischen den Beamten des mittleren Dienstes und den Beschäftigten der
Entgeltstufe 9a zu verringern, - die Überführung des Gerichtsvollzieherdienstes in den gehobenen Dienst,
um den gestiegenen Anforderungen an die Gerichtsvollziehertätigkeit
Rechnung zu tragen, - die ebenfalls im Außendienst tätigen Gerichtsvollzieher bei der Erhöhung
der Außendienstzulage zu berücksichtigen, - die Anhebung des Eingangsamts im Rechtspflegerdienst auf A10, um auch
junge, von uns selbst ausgebildete Kolleginnen und Kollegen im Dienst des
Landes Brandenburg zu halten und nicht an den Bundesdienst und andere
Bundesländer zu verlieren, - den kontinuierlichen Abbau der Wartezeiten bei Beförderungen im
Beamtenbereich, um mit den Regelbeförderungen in der Bundesverwaltung
nach vier Jahren mithalten zu können, - eine konkurrenzfähige Besoldung für die Richter und Staatsanwälte, die den
wiederholten Forderungen der EU-Kommission entspricht und die auch die
Konkurrenz der Privatwirtschaft, der Rechtsanwaltskanzleien, der anderen
Bundesländer und des Bundes in den Blick nimmt, um angesichts der völlig
eingebrochenen Bewerberzahlen, trotz der Pensionierungswelle und trotz
sinkender Absolventenzahlen überhaupt noch Nachwuchs zu finden, - die Ausweitung der Personalbindungszulage auf den richterlichen und
staatsanwaltschaftlichen Dienst, um die Richter und Staatsanwälte zu
bewegen, von einem geplanten vorzeitigen Ruhestand Abstand zu nehmen
oder diesen zu verschieben, um so die Pensionierungswelle abzumildern, - die Ausweitung der Zulagengewährung nach § 48a BbgBesG auch im
richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dienst als weitere Maßnahme,
um die Pensionierungswelle zu bremsen
Nur so kann die Justiz des Landes Brandenburg wieder ein attraktiver Arbeitgeber werden; nur so können die aktuellen und anstehenden Herausforderungen bewältigt werden.
Gerne erörtern wir unsere Anliegen auch persönlich und stehen für Rückfragen zur Verfügung.
gez. Jessica Hansen
gez. Patricia Schreier
gez. Annette Flügel
gez. Dr. Stephan Kirschnick
gez. Martin Schröder
gez. Marc-Oliver Gernert
gez. David M. Walsh
Potsdam, den 6. Dezember 2023
Download als Pdf: Gemeinsamen Schreibens der Justizverbände des Landes Brandenburg zur Besoldung vom 6. Dezember 2023
Weiterführender Link: Bericht auf Legal Tribune Online – “Brandenburger Justizverbände fordern bessere Bezahlung”